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Unsere Milchstraße ist wohl doch älter als gedacht

Schon als das Universum erst sechs Prozent seines heutigen Alters erreicht hatte, bildeten sich zumindest Teile unserer Heimat-Galaxie, also rund zwei Milliarden Jahre früher als bislang angenommen. Zu dieser Einschätzung kamen Hans-Walter Rix und Maosheng Xiang vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie auf Basis einer Analyse von 250.000 Sternen.

Gemäß ihrer Interpretation bildete sich die Milchstraße in zwei Schritten. Schon 800 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden die Sterne in der „dicken Scheibe“. Gemeint ist damit jene diffuse Hülle oberhalb und unterhalb der eher dünnen galaktischen Ebene.

Dann kam es zu einer Kollision mit einer Zwerg-Galaxie, aus der erst ganze zwei Milliarden Jahre später die „dünne Scheibe“ und der galaktische Halo hervorgingen. Auch unser Sonnensystem bildete sich in diesem Zuge.

Die Bestimmung des Alters eines Sterns ist mit großen Unsicherheiten behaftet. Xiang und Rix haben sich daher auf Unterriesen konzentriert, das sind Sterne, die sich in ihrer Entwicklung gerade am Übergang zum Roten Riesen befinden.

Da diese Phase relativ kurz ist, definiert sie recht genau einen bestimmten Zeitpunkt des Lebenszyklus eines Sterns. Betrachtet man dann die Helligkeit solcher Sterne im Kontext ihres Gehalts an schweren Elementen, lässt sich das Sternenalter bis auf einige Prozent genau bestimmen, weil ältere Sterne bekanntermaßen weniger schwere Elemente enthalten als eine noch junge Sonne.

So ergab sich für die 250.000 Unterriesen eine Altersverteilung, die in den verschiedenen Einheiten unserer Milchstraße interessante Hinweise lieferte. Vor knapp 13 Milliarden Jahren schon entstanden demnach die ersten Sterne der dicken Scheibe.

Erst nachdem sich die Zwerggalaxie Gaia-Sausage-Enceladus mit der in Bildung befindlichen Milchstraße verschmolzen hat, also rund zwei Milliarden Jahre später, entstanden langsam der Halo und die dünne Scheibe, deren nächsten Arm wir als Lichtband am Nachthimmel bestaunen können.

Der lebensbejahende Planet, der um einen sterbenden Stern kreist

Wenn wir schon gerade dabei sind, unsere Augen gen Milchstraße zu richten, möchten wir sogleich auf ein kosmisches Drama aufmerksam machen, das Wissenschaftlern an der Europäischen Südsternwarte in Chile aufgefallen ist, als sie auf ihrer Suche nach Exoplaneten das Weltraumteleskop Tess (New Technology Telescope) von der US-Raumfahrtagentur NASA nutzen durften.

Der Weiße Zwergstern WD1054-226 ist „nur“ circa 117 Lichtjahre von uns entfernt und kämpft gerade mit dem Sternentod. Im Fachblatt „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ weist der Studienleiter Jay Farihi (University College London) darauf hin, dass ein Planet innerhalb der lebensfreundlichen Zone eines Weißen Zwerges „aufregend und unerwartet“ ist. Das NASA-Weltraumteleskop James Webb wurde 2021 in den Orbit entsendet und wird hoffentlich bald weitere, noch genauere Daten bereitstellen.

Wenn Sterne von ähnlicher Größe wie unsere Sonne ihren nuklearen Brennstoff verbraucht haben, blähen sie sich zu einem Roten Riesen auf, um schließlich zu einem Weißen Zwerg zu kollabieren, der nur noch ungefähr so groß ist wie die Erde. Unsere Sonne wird diese Entwicklung in vielleicht fünf Milliarden Jahren machen, wobei sie Merkur, Venus und sehr wahrscheinlich auch noch die Erde verschlingen wird.

Weil es auch bei den äußeren Planeten aufgrund massiver Änderungen der Bahnelemente zu katastrophalen Zusammenstößen kommt, sind viele Weiße Zwerge von Scheiben umgeben, die aus Planetentrümmern und Staubwolken bestehen.

Bei den Beobachtungen hat das Team von Farihi etwas Merkwürdiges entdeckt: Der Zwergstern verdunkelt sich regelmäßig alle 23 Minuten. Die Ursache liegt in Verdichtungsstrukturen in den Trümmerwolken. Die Forscher zählten gleich 65 davon, die den Weißen Zwerg in quasi gleichen Abständen in einem gemeinsamen Orbit mit einer Umlaufzeit von 25 Stunden umkreisen. So etwas ist bislang noch nie beobachtet worden. Wie lässt sich das erklären?

Die wahrscheinlichste Ursache ist ein größerer Planet, der zu derartigen Resonanzerscheinungen führt, dass sich solche regelmäßigen Verdichtungen gleichsam wie eine physikalische Schwebung ausbilden. Es gibt in der Tat ähnliche Erscheinungen in den Ringsystemen von Planeten, wo sogenannte Schäfer-Monde zu Verdichtungszonen innerhalb der Ringe führen.

Sowohl dieser „Schäfer-Planet“ als auch die durch ihn ausgelösten Verdichtungen befinden sich in der lebensfreundlichen Zone um den Weißen Zwerg, also in jenem Abstand, wo flüssiges Wasser, die Voraussetzung für Leben nach unserem Maßstab, möglich ist. Allerdings reden wir in diesem Fall von nur 2,6 Millionen Kilometer, was eindeutig zu wenig ist, um die vorher erfolgte Aufblähung des Sterns zu überstehen.

Zum Vergleich: Der Abstand Erde-Sonne beträgt circa 150 Mio. km.

Weiße Zwerge erzeugen keine Energie mehr im Sinne eines Fusionsreaktors, aber sie sind sehr heiß und ihre langsame Abkühlung erfolgt über Milliarden Jahre, sodass ein Planet innerhalb der lebensfreundlichen Zone von WD1054-226 ungefähr zwei Milliarden Jahre Zeit hätte, komplexere Lebensformen zu entwickeln.

Dieser Beitrag wurde am 20.05.2022 erstellt.

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